EXCLUSIV

EXCLUSIV

Deutschland - Ort der Sehnsucht

2. März 2016, 19 Uhr, Brechtbühne Stadttheater Augsburg
Eine Produktion im Rahmen des Brechtfestivals 2016

mit
Ghani Ahmadi, Mohammad Akrami, Bastian Böck, Felicia Ehrmann, Saleem Farooqi, Amin Ismael, Nathalie Kieferle, Mohammad Hoshemi, Ali Reza Shojaee, Rebecca Schoene, Emily Jinadu, Taira Mannstein, Nakfa Tesfay, Denise Wagner

Regie: Jörg Wesemüller
Choreographie: Simone Lindner
Bühne und Kostüm: Theresa Scheitzenhammer
 

Ausgehend von den Ereignissen im Spätsommer 2015 gab das Brechtfestival ein Jugend-Tanzprojekt in Auftrag, welches sich mit Flucht und Ankommen beschäftigt. Diese Thematik sollte vor dem Hintergrund von Brechts eigener Fluchterfahrung behandelt werden. Jörg Wesemüller und ich entschieden mit der Festivalleitung, das Projekt bei Integrationsklassen verschiedener Berufsschulen in Augsburg zu bewerben. Das Projekt EXCLUSIV richtete sich damit an Übergangsklassen, in denen deutsche Jugendliche jugendlichen Geflüchteten begegnen. Innerhalb des Probenprozesses wurde nach den individuellen Erfahrungen der Jugendlichen zur Thematik des Fremd- und Heimischseins gefragt. Welche Erfahrungen haben die Jugendlichen auf ihrer Flucht gemacht? Wie ist ihr Bild von Deutschland? Wann fühlten sie sich angekommen? Wo fühlt man sich in unserer Gesellschaft ausgeschlossen, obwohl man Teil von ihr ist? Was beschäftigt alle Jugendlichen gemeinsam, ganz gleich welcher Herkunft? Was ist jedem einzelnen von ihnen im Leben besonders wichtig? Das Konzept sah vor, die individuellen Schicksale mit Brechts Standpunkt zu verknüpfen und gemeinsam mit den Jugendlichen mit den Mitteln von Tanz und Theater eine Collage zu entwickeln, die sinnbildhaft für das Schicksal von jugendlichen Geflüchteten steht.

Entstanden ist ein Tanztheaterabend, der sich in vier Teile gliedert:

  1. Flucht (hier wurde aus den wahren Erlebnissen der geflüchteten Jugendlichen - die ihre Geschichte mitteilen wollten - eine Collage erstellt und dann von der gesamten Gruppe aufgeteilt gesprochen und getanzt)

  2. Asyl (mit den jeweiligen Unterthemen „Willkommenskultur“, „Das Labyrinth der Bürokratie“, Brechts Gedicht „Über die Bezeichnung Emigranten“, Ali Rezas Lied)

  3. Begegnung (wie kann man einem Menschen, den man nicht kennt, begegnen? Zu sehen sind Duette, die die Jugendlichen eigenständig entwickelt haben)

  4. Individualität und Gemeinschaft (zunächst die Frage, warum bist du auf der Welt? Dann auch weitergefasst, warum sind wir auf der Welt? Was macht uns Freude?)

Arbeitsweise

Der Probenzeitraum für das Projekt Exclusiv umfasste knapp 3 Monate, von Anfang Dezember 2015 bis Anfang März 2016 (Premiere). Außer in den Schulferien wurde 3 x pro Woche für je 3 Stunden am Nachmittag (außerhalb der Schulzeit) geprobt. In der Woche vor der Premiere wurde täglich geprobt.

Im Dezember waren wir zunächst damit beschäftigt, Teilnehmer zu finden und in Tanz und Theater einzuführen. Die Gruppe war noch sehr unstetig, es kamen und gingen viele Jugendliche. Bald zeichnete sich aber eine Gruppe junger Männer ab, die der Kern des Ensembles wurden: Sie kamen sehr zuverlässig und stetig zu den Proben. In vielen ausführlichen Gesprächen lernten wir sie und sie uns besser kennen. Im Januar stieß schließlich eine Gruppe Mädchen aus einem betreuten Wohnheim dazu. Sie bezeichneten sich selbst auch als „Geflüchtet“, weil viele von Ihnen wegen schwieriger Umstände ihr Zuhause verlassen mussten. Außer zwei deutsche Jugendliche, die über andere Wege zu uns kamen, hatten daher alle einen „Fluchthintergrund“. Im Januar und Februar konnten wir schließlich mit der inhaltlichen Probenarbeit beginnen. Jede Probe enthielt eine kurze Theaterübung zu Reaktion und Präsenz, ein ausführliches tänzerisches Warm up und eine tänzerische Improvisations- bzw. Entwicklungsphase. Im letzten Drittel der Probe wurde das bis dahin Entwickelte jeweils in eine szenische Struktur gebracht. Teil des Projekts war auch ein Partnering-Workshop, an dem die Choreographin Simone Lindner gemeinsam mit einem Tänzer ausführlich in Partnering-Techniken einführte, sowie ein Parcours-Workshop. Das letzte Viertel des Probenprozesses fand schließlich in den Räumen des Stadttheaters Augsburg statt. Nach einer Beleuchtungsprobe und zwei Bühnenproben fand am 2. März die Premiere in der Brechtbühne Augsburg statt.